Interview Prof. Dr. Mannhaupt

Als Experte für Grundschulpädagogik und Kindheitsforschung begleitet Professor Dr. Gerd Mannhaupt von der Universität Erfurt die Schlaumäuse-Initiative bereits seit 2012. Im Interview gibt er interessante Einblicke in seine wissenschaftliche Arbeit und erläutert die Sprachentwicklung von Vorschulkindern in Deutschland.

Wie sind Sie auf die Schlaumäuse aufmerksam geworden?

Ich kenne die Schlaumäuse schon länger, da wir in regelmäßigen Abständen Hochschulseminare zum Lernen mit digitalen Medien in der Grundschule veranstalten. Die Schlaumäuse waren eines von vielen Lernprogrammen, mit dem wir uns intensiv auseinandergesetzt haben. Die Studenten mussten die einzelnen Programme erarbeiten, vorstellen und diskutieren. Durch die pfiffige Aufbereitung der Schlaumäuse gehört die App nach wie vor zu den führenden Lernprogrammen im Vorschulbereich.
Interview Prof. Dr. Mannhaupt
„Es ist spannend mitzuerleben, wie sich die Entwicklung des computergestützten Lernens verändert.“

Sie begleiteten die Entwicklung der dritten Schlaumäuse-Version auf wissenschaftlicher Ebene. Was war das spannende an dieser Arbeit?

Besonders reizvoll war es, neue Spiele, Übungen und Aktivitäten zu planen, die die Kinder gezielt fördern. Es war spannend mitzuerleben, wie sich die Entwicklung des Lernens mit digitalen Medien verändert und welche neuen Formen des Lernens sich dadurch ergeben. An diesem Fortschritt wollte ich teilhaben.

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Dazu gehörten zum einen die Überarbeitung der verschiedenen Spiele und Übungen. Zum anderen wollten wir die Lernentwicklungen der Kinder begleiten und genau erfassen. Das heißt, dass wir in spezifischen Untersuchungen herausfinden wollten, wie wirksam die Schlaumäuse tatsächlich sind. Um dies festzustellen, erfassen wir seit 2013 die Sprachentwicklungen der Kinder in Einrichtungen, die sich für die Nutzung der App interessieren und überprüfen genau das Vor- und Nachher. Außerdem vergleichen wir die sprachliche Entwicklung von Kindern in Schlaumäuse-Kindergärten mit Einrichtungen, die das Lernprogramm nicht zur Sprachförderung einsetzen.

Es gibt gesellschaftliche Beschwerden, alles sei schlechter geworden. Fragt man Lehrkräfte geben diese oft an, dass die Kinder früher besser gesprochen haben. Wir Entwicklungspsychologen und Jugendforscher glauben das nicht. Es gibt keine generationsübergreifenden Studien zum Thema Sprachentwicklung. Wir haben uns im Laufe der Zeit zur Bildungsgesellschaft entwickelt und achten dementsprechend stärker darauf.

Man kann davon ausgehen, dass die Kinder, die heute zur Schule gehen, sprachlich besser aufgestellt sind, als das noch vor Jahrzehnten der Fall war. Aus dem Bereich der kognitiven Entwicklung wissen wir, dass jede Kindergeneration intelligenter wird als ihre vorangehende Generation. Die Möglichkeiten - gerade in den Industrieländern - kognitive Anregungen zu bekommen sind so vielfältig, wie noch nie. Damit verbunden ist gleichzeitig, dass auch die Anforderungen mit jeder Kindergeneration deutlich steigen.

Eine große Aufgabe ist es, über den ersten Neuigkeitseffekt die Motivation der Kinder aufrechtzuerhalten. Das lässt sich über verschiedene Maßnahmen erreichen. Neben einer altersgemäßen Animation ist es wichtig, dass sich die Anforderungen der Spiele immer an den Leistungsmöglichkeiten der Kinder orientieren. Die Kinder sollen Erfolge erleben, aber auch immer vor neue Herausforderungen gestellt werden, die es zu lösen gilt und die sie aber auch mit ihren Möglichkeiten lösen können.

Spätestens seit der Jahrtausendwende mit Veröffentlichung der Pisa-Studie wird der Sprachentwicklung in Deutschland eine ganz große Bedeutung beigemessen. Wir haben festgestellt und eingesehen, dass die Beherrschung der Sprache eine große Voraussetzung für erfolgreiches Lernen und eine erfolgreiche Teilhabe an der Gesellschaft ist. Mit der Digitalisierung ist alles sehr viel schrift- und sprachorientierter geworden. Auch die Entwicklungsbedingungen der Kinder haben sich verändert. Viele von ihnen wachsen nicht mehr in der Kleinfamilie auf.

Vielmehr wird ein Großteil der Kinder in institutionellen Einrichtungen in ihrer Entwicklung unterstützt. Diese Kinder erleben sprachliches Lernen nicht in kleinen Einheiten mit zwei oder drei Geschwistern innerhalb der Familie, sondern in einer Kita-Gruppe mit 25 Kindern, die oft nur von zwei Erwachsenen betreut wird. Nicht zu vergessen ist, dass es einen höheren Anteil an Kinderarmut gibt als früher. Wir haben deutlich mehr Kinder, die unter prekären Bedingungen aufwachsen und von ihren Eltern nur wenig Unterstützung erfahren.

Bereits Vorschulkinder gehen permanent mit digitalen Medien um. Jedes Kind von fünf, sechs Jahren ist in der Lage den Fernseher zu bedienen. Die Schlaumäuse fördern die Möglichkeit, sich mit Computer, Tablet & Co. auseinanderzusetzen, die sie längst von Zuhause kennen. Zunehmend wird die Schwelle zu klassischen Medien wie Büchern sinken. In Kitas wird es zukünftig große Displays in Farbe geben, mit deren Hilfe sich die Kinder Bücher vorlesen lassen können – von Erwachsenen oder aber den elektronischen Geräten.

Heutzutage wachsen Kinder mit modernen Technologien auf. Der Umgang mit digitalen Medien wirkt sich erst dann negativ auf die Kinder aus, wenn die sozialen und kommunikativen Auseinandersetzungen mit dem sozialen Umfeld darunter leiden. Das hat es vor über hundert Jahren beim Buch gegeben. Auch dem Buch ist vorgeworfen worden, dass Kinder sich damit sozial isolieren. Solche Kinder – quasi negative Bücherwürmer – gibt es immer noch.

Sie ziehen sich so in die Welt der Bücher zurück, dass sie ihre sozialen Fähigkeiten nicht entwickeln können. Aus dem Sprachbereich wissen wir ebenfalls, je höher der Fernsehkonsum im Kleinkind- und Vorschulalter ausfällt, desto schlechter sind die Sprache und die kognitive Entwicklung. Fernsehen ist eben kein interaktives Medium. Spiele wie die Schlaumäuse bieten da mehr Möglichkeiten. Sie regen Kinder zu sprachlichem Handeln an und geben daraufhin Rückmeldung.
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Über Prof. Dr. Gerd Mannhaupt

Prof. Dr. Gerd Mannhaupt ist Vizepräsident für Studium und Lehre der Universität Erfurt und... Prof. Dr. Gerd Mannhaupt ist Vizepräsident für Studium und Lehre der Universität Erfurt und Professor am Lehrstuhl Grundlegung Deutsch / Schriftspracherwerb im Fachbereich für Grundschulpädagogik und Kindheitsforschung der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät. Im Rahmen der Entwicklung der dritten Version der beliebten Schlaumäuse brachte er seine Expertise in den Bereichen frühkindliche Sprachbildung und Medienkonsum ein und begleitet die Initiative auch weiterhin wissenschaftlich. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen früher Schriftspracherwerb, Differenzierung im Sprachunterricht der Grundschule und Alphabetisierung in der beruflichen Bildung. mehr lesen

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Informationen zur App

Das Herz der Schlaumäuse-Initiative ist eine kostenfreie Lern-App, mit der Fünf- bis Neunjährige... Das Herz der Schlaumäuse-Initiative ist eine kostenfreie Lern-App, mit der Fünf- bis Neunjährige selbstständig die deutsche Sprache in Wort und Schrift kennen lernen können. Dabei eröffnet ihnen die kindgerecht aufbereitete Lern-App eine fantasievolle Welt der Wörter. mehr lesen

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